US Road Trip Tag 8

Tag 8

USA Reiseberichte

Hannibals US Road Trip - Mietwagenrundreise durch den Westen der USA



8. Tag - 05. September 2008

  Unser Tour-Pickup am Upper Antelope Canyon

Heute klingelt der Wecker ungewöhnlich früh. Auch wenn die dicke Luft sich noch nicht so vollständig verzogen hat, geht's schnell zum Frühstück und anschließend sofort zum Check-out. Der Housemeister darf den Weg zu seinem Antelope-Canyon-Tour-Unternehmen allerdings selbst suchen...wer den Plan umwirft, muss auch den Weg finden können...ohne genauer Karte von Page gar nicht so einfach ;-) Nach 10 Minuten haben wir das Ziel dann doch gefunden. In dem von Navajo-Indianern geführten Laden bezahlen wir erstmal 32 Dollar pro Kopf und werden kurz darauf auf der spärrlich ausgebauten Ladepritsche eines Pick-Ups aus Page rausgekarrt. Nach ungefähr 20 Minuten Fahrt, die unter anderem über eine extrem buckelige Sandpiste führte und die Touristen ordentlich durchschüttelte, stehen wir auf einem unscheinbaren von haushohen roten Felsen umgebenen Sand-Platz. Die Felswände rundherum werden nur durch eine schmale Spalte getrennt...der Upper Antelope Canyon. Hier geht's nur mit Führung rein, die allerdings im Preis enthalten ist. Die Fahrerin, eine sehr kompakte Navajo-Indianerin trommelt ihre durchgeschüttelten Fahrgäste zusammen und die Show kann beginnen.

  Am Eingang vom Upper Antelope Canyon

Im Gegensatz zu den gigantischen Ausmaßen des Grand Canyon gehört der Antelope Canyon zur Gruppe der Slot-Canyons, eine Gattung, die vor allem im Colorado Plateau auftaucht und sich durch eine bedrückende Enge und vor allem unglaubliche Gesteinsformationen auszeichnet. Unsere Führerin liefert eher wenige enstehungs-relevante Fakten, sondern zeigt den foto-wütigen Touristen vor allem die beliebtesten Motive, die man auch auf zahlreichen Postkarten findet. Da der ideale Fotozeitpunkt in der über 44m tiefen Schlucht aber um die Mittagszeit herum ist, haben die meisten Fotoapparate massive Probleme mit der dämmrigen Belichtung.

Also Kamera wegpacken und zur Abwechslung mal mit den Augen genießen. So beeindruckend die weitläufigen Panoramen auch sind, versprüht der Antelope Canyon eine ganz eigene Faszination. 1997 kamen hier 11 Touristen bei einer Sturzflut ums Leben, ein Naturphänomen ohne das es diese Canyonform gar nicht gäbe. Regenfälle aus oft weit entfernten Gewittern suchen sich ihren Weg durch weitläufige Wüstentäler und stoßen hier auf eine massive Verengung, was zu einer gewaltigen Flutwelle im Bereich des Slot-Canyons führt. Äste, die teilweise 10-15m über unseren Köpfen im Gestein verhackt sind, zeigen ansatzweise, mit welcher Wucht das Wasser hier zu Werke geht. Die Felswände sind durch besagte Sturzfluten in sagenhafte Formen geschliffen worden, die unwirklich glatten Gesteinsformationen sehen teilweise so abgefahren aus, dass ich sie anfassen muss, um zu glauben, dass es sich nicht um Plastikattrappen aus dem Phantasialand handelt. Doch es bleibt nicht viel Zeit für Träumerei, unsere Führerin macht uns ordentlich Dampf, zieht uns von einem Punkt zum nächsten und scheucht uns nach der Durchwanderung des 400m langen Naturwunders wieder umgehend zum Pickup zurück.

  Foto: Im Upper Antelope Canyon...

Wenig später sitzen wir dann im Auto, knappe 2 Stunden hat uns der Ausflug in die bizarre Naturschönheit gekostet...der Housemeister ist zufrieden und auch wir sind uns einig, dass sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt hat...allerdings blicken wir dennoch etwas angespannt auf die Uhr.

Die anschließende Fahrt zum weltberühmten Monument Valley führt durch unzählige Meilen Wüste, mal mit vereinzelten Bäumen, mal sehr vegetations-arm...die Abwechslung bleibt trotz Kilometer-langer Geraden immer erhalten.

Zwischendurch mal ein Haus im Nirgendwo inklusive Schulbus-Stopp....wir fragen uns, was die Kinder, die hier draußen leben, für einen mordsmäßig langen Weg zur Schule haben.

  Foto: Fahrt zum Monument Valley...

Nach knappen 2 Stunden Fahrtzeit zeichnen sich die ersten Vorboten des Monument Valleys am Horizont ab. Wir halten mehrfach am Straßenrand, machen erste Bilder. Wie aus dem Nichts bohren sich quadratische Felsblöcke vom Format einer Konzerthalle einfach mir nichts dir nichts 300 Meter in den Himmel. Wenig später haben wir dann auch das offizielle Monument Valley erreicht, 5$ Eintritt pro Person nehmen die Navajos...im Gegensatz zur gesalzenen Preispolitik am Antelope Canyon eine Summe, die man gern bezahlt.

Und das Panorama, was sich wenige Minuten später vor uns auftut, ist definitiv jeden investierten Cent wert. Die unendliche Weite hat uns wieder und der Slot-Canyon ist fast schon vergessen. Unter strahlend blauem Himmel blicken wir mit offenen Mündern von der Anhöhe des Visitor Centers auf ein nicht enden wollendes Meer aus Wüste, aus dem die gigantischen Tafelberge wie Felsen in der Brandung herausragen. Bis zum Horizont scheint sich dieses gigantische

  Foto: Das berühmte Monument Valley...

Bilder schießen mir durch den Kopf, ich sehe Geheimagent Ethan Hunt an den roten Klötzen hochklettern, der Morricone-Soundtrack von "Spiel mir das Lied vom Tod" läuft im Hintergrund und im nächsten Moment spielen Metallica vor meinem inneren Auge auf einem der Tafelberge...eine unzählige Male eingesetzte Film/Musik-Kulisse und ich stehe davor und stelle fast ohnmächtig fest: Nicht mal die teuren Hollywood-Widescreen-Kameras können diese endlose Weite richtig einfangen, wie sollen wir das mit unseren kleinen Amateur-Cams hinkriegen? Mein Kumpel nickt zustimmend und wir gucken einfach nur....und können uns nicht mehr von dem hypnotisierenden Spektakel voller Gigantomie und gleichzeitig friedlicher Stille trennen. Die Zeit verschwimmt und alles andere scheint unwichtig....das einzige was man hier oben fühlt ist Freiheit. Das mag vollkommen kitschig klingen und wie aus einem Marlboro-Spot kopiert.....aber selbst wenn: Die Zigaretten-Jungs haben diesbezüglich tatsächlich Recht! Hier hat man auch ohne Pferd, Cowboy-Hut und Glimmstengel das Gefühl von endloser Freiheit, ein Teil von einer Landschaft zu sein, welche sich nicht um Geld, Karriere und Prestige-Objekte schert, ein Fleckchen Erde, wo alles auf einen nicht enden wollenden Moment reduziert wird. Gänsehaut, Unterkiefer auf staubigem Wüstenboden, fast keine Luft zum Atmen......das Standartprogramm im Südwesten der USA halt...

  Foto: Mexican Hat

Dann heißt's langsam wieder umdrehen, eine ganze Runde auf der Gravel Road würde gute 2 ½ Stunden dauern...Zeit, die wir leider nicht haben und in diesem Fall tut mir das ganz besonders leid, denn in der vorliegenden Kulisse hätte ich mich glatt 2-3 Tage aufhalten können, gerade durch das Filmfan-dasein.

Weiter geht's schließlich Richtung Mexican Hat, ein kleines Wüstenkaff am Mexican Hat, einer Gesteinsformation, welche aussieht.....ja, wie ein Mexican Hat halt ;-)
Wir kehren im einzigen auf Anhieb sichtbaren Restaurant ein, um einen Snack zum Mittagessen zu uns zu nehmen.....Restaurant kann man das ganze eigentlich gar nicht nennen, aber trotz Schmuddellook versprüht der Laden seine ganz eigene Atmosphäre. Die Küche liefert einigermaßen essbares Fast Food, die Toiletten könnten glatt dem letzten "Texas Chainsaw Massacre" entsprungen sein....

  Foto: Restaurant im Schmuddellook ...

Wir halten uns nicht lange auf und machen uns schnellstmöglich auf den Weg zum Moki Dugway. Wer den "Chill Faktor" kennt, weiß auch mit dieser schönen Straßenpassage etwas anzufangen. Im Film mit Cuba Gooding Jr und Skeet Ulrich liefern sich die beiden Hauptdarsteller auf dem haarsträubenden Serpentinen-Abschnitt eine genial-spektakuläre Verfolgungsjagd. Verfolgungsjagden sparen wir uns allerdings heute, denn vor uns liegt eine 300m hohe rote Felswand, auf die unsere Straße unaufhaltsam zuführt. "Warum geht die Straße denn genau auf die Felswand zu?", fragt der wieder recht schlecht vorbereitete Housemeister....wir grinsen und sagen nix....kurz darauf sieht er, was ihm als Fahrer jetzt blüht. Der komfortabel geteerte Highway wird zur Schotterpiste, welche sich nun ganz langsam mit angezogenem Steigungsgrad an der Felswand hinauf schlängelt. Gegenverkehr wird an einigen Stellen zur Mutprobe, denn kaum befestigt geht die Gravel Road fließend in ein Abgrundszenario über, welches jeden Höhenängstler zu Rückwärtssaltos beflügelt. Sicher angeschnallt in unserem mobilen Blechkasten komm ich mit dem ganzen aber relativ gut klar und um so höher man kommt, um so mehr wird man von der Aussicht abgelenkt, welche....ja...mal wieder unbeschreiblich ist. Oben steuern wir schließlich einen Aussichtspunkt an und stehen mal wieder minutenlang vor dem Panorama.

  Foto: Der Moki Dugway...

Was sich hier im Text mittlerweile ziemlich abgedroschen anhört, weil's bei jeder zweiten Sehenswürdigkeit beschrieben wird, ist vor Ort bei jedem Aussichtspunkt ein neuer Augenöffner. Und auch wenn die Aussicht fast überall hier in erster Linie nur aus Himmel, roter Sand und roten Steinen besteht, taucht doch hinter jeder Kurve wieder etwas vollkommen anderes auf, was einen wieder auf ganz andere Weise bewegt, als der vorherige Aussichtspunkt. Es ist schwierig zu beschreiben, zumal's auch auf Bildern meist alles fast gleich aussieht. Um aber nochmal kurz auf die Moki Dugway-Aussicht zurückzukommen: hier versucht die Natur gar nicht erst mit irgendwelchen Felsformationen anzugeben, sondern fährt lediglich ihr "unendliche Weiten"-Programm mit dem geschätzten Multiplikator 10 auf. Die Aussicht von hier oben gehört zum spektakulärsten, was der Südwesten zu bieten hat. Bei klarem Wetter – und das haben wir heute (mal wieder) – entfaltet sich ein Panorama von zig Kilometern.....nur Wüste und Felsen.....am Horizont zeigt sich das Monument Valley, ein absolut gigantischer Ausblick, der in jede Südwest-Routenplanung reingehört.

Oben angekommen, führt links noch ein holpriger Schotterweg zum sogenannten Muley Point, der einen weiteren sagenhaften Blick aus 300m Höhe auf den Goosenecks State Park (sehr beeindruckend von hier oben!), auf's Monument Valley und auf unzählige Quadratkilometer rote Wüste frei gibt. Wir klettern an der Felskante herum (selbst ich komme hier mit meiner Höhenangst ganz gut klar... ist schon alles viel zu groß, um Angst zu haben ;-)), schießen unzählige Fotos, setzen unseren fahrbaren Untersatz Werbespot-mäßig in Szene und machen uns anschließend auf den Weg in Richtung Hanksville. Der Muley Point bekommt auch eine riesengroße Empfehlung, der Umweg von 20-30 Minuten lohnt sich in jedem Fall, allerdings ist ein SUV aufgrund der größeren Bodenfreiheit in jedem Fall empfehlenswert.

  Foto: Der Blick vom Muley Point ...

Die folgende Strecke führt durch immer grüner werdende Landschaften, bis es dann ca. 20-30 Meilen vor Hite wieder in die Wüste geht. Dieser Abschnitt, obwohl fernab von National Parks, State Parks & Co bietet hinter jeder Kurve wieder einen völlig neuen Eyecatcher, der Horizont wandert in eine unendliche Ferne, in der sich eine nicht greifbare Zahl an den unmöglichsten Felsgebilden in den verrücktesten Kombinationen hunderte Meter in die Höhe schrauben.

Eine absolut atemberaubende Strecke, bei der wir leider keine Zeit haben, um auch nur einmal auszusteigen. Der überraschend spektakuläre Abschnitt zwischen Mexican Hat und Hite ist aber schon für's nächste mal fest vorgemerkt und dann wird es einen entspannteren Zeitplan an dieser Stelle geben.

  Foto: Die Colorado River Bridge...

Kurz vor Hite, bzw. der Colorado River Bridge bieten sich dann weitere Aussichtspunkte, die alle ohne Ausnahme einen kurzen Halt wert sind. Der absolute Wahnsinn erwartet einen dann geschätzte 2-3 Kilometer hinter der spektakulär gelegenen Colorado River Bridge. Ein paar hundert Meter über dem Colorado River und der eben noch überfahrenen Brücke gibt's einen riesigen Scenic Point, von dem aus man eine Aussicht hat, die es durchaus mit dem Moki Dugway aufnehmen kann. Der Clou ist die grüne Ader, der Colorado River, der sich hier durch die Canyons windet und mitten in der Wüste die Flußufer in beeindruckende grüne Oasen verwandelt, während oberhalb des Canyonrands wieder die nicht enden wollende Freiheit der Wüste regiert und eine Weitsicht von knapp 100 Kilometern präsentiert. Der absolute Wahnsinn und eine schöne Position, um den Sonnenuntergang zu genießen!

  Foto: "Gruppenfoto" kurz vor Hite ...

Nachdem sich die Sonne langsam aber sicher verabschiedet hat, fahren wir weiter nach Hanksville, in der Dämmerung ist von der Strecke, die durch einen kleineren Canyon führt, leider nicht mehr allzu viel zu sehen.

In Hanksville angekommen checken wir im vorgebuchten, sehr ordentlichen "Whispering Sands Motel" ein und lassen den Tag, der mein persönliches Highlight der bisherigen Reise - L.A. mal ausgeklammert - war, in "Stan's Burger Shack" ausklingen.

Der Zeitplan hat halbwegs hingehauen, obwohl die Antelope-Canyon-Tour uns gerade im Monument Valley und im letzten Streckendrittel einiges an Zeit gestohlen hat. Im Nachhinein war's es aber okay so.

  "Das" Brückenfoto des heutigen Tages...

Dicke Luft kündigt sich an, ich bin unsicher wegen des Zeitplans, denn die Etappe über's Monument Valley, den Moki Dugway, Hite bis nach Hanksville ist nicht gerade klein, der andere Rocker stimmt mir zu....am Ende der Diskussion geben wir uns mit knirschenden Zähnen dem zeternden Housemeister geschlagen, da wir keine Lust auf noch knapp 2 Wochen Streit haben (was im Nachhinein auch die richtige Entscheidung war, denn Road Trip und schiefer Haussegen geht gar nicht...).

Als Kompromiss wird zumindest der Wecker für Studenten-Verhältnisse pervers früh gestellt, so dass wir gleich um 8.00h bei der ersten Antelope-Tour mitkommen....ich bin alles andere als sicher, ob das morgen mit der Zeit passt, wo wir uns doch schon heute abend ziemlich verkalkuliert hatten...

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