12. Tag - 09. September 2008
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Foto: Warten auf's Cable Car... |
Den nächsten Tag lassen wir nach den vollgepackten Routen der letzten Woche erstmal ruhiger angehen. Nachdem gepflegt ausgeschlafen wurde, beeilen wir uns, um noch kurz vor Einsendeschluss was vom kostenlosen Frühstück des Ramada Inn abzubekommen. Selbiges gibt's in der Rezeption des Hotels, in der 2 Sessel als Sitzplätze angeboten werden. Wenn die besetzt sind, heißt es Frühstücken im Stehen. Ausgerechnet zwei deutsche Touristen haben die beiden Sessel in Beschlag genommen und lassen sich ihr ausgedehntes Frühstück schmecken, während rund herum jede Menge Touristen darauf warten, dass die begehrten Plätze endlich geräumt werden.
Wir sehen den beiden älteren Herrschaften regelrecht an, dass sie sich nicht mal ansatzweise unter Druck setzen lassen und brechen nach einem kurzen Snack im Stehen auf. Der Himmel ist bedeckt, es sind knapp 20°C, zum ersten mal sind wir mit Pullover und Jacke unterwegs. Wir laufen zunächst zur Cable Car Station in der Nähe der Fisherman's Wharf, wo wir uns zunächst mal einen 3-Tages-Nahverkehrs-Pass für - wenn ich mich Recht entsinne - 18 Dollar zulegen. Dafür darf man San Francisco mit allem, was auch nur entfernt nach öffentlichem Nahverkehr aussieht, unsicher machen, inklusive der weltberühmten Cable Car. Die Chance nutzen wir auch sofort und entern das historische Gefährt.
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Die Kurven der Lombard Street... |
Es geht hoch zu dem bekannten Mini-Serpentinen-Abschnitt der Lombard Street, anschließend weiter Richtung Downtown, wo sich der Housemeister unter den unzähligen Anzugträgern direkt pudelwohl fühlt. Außer den nicht übermäßig spektakulären Hochhausschluchten hat der Financial District von San Francisco nicht allzuviel zu bieten.
Obligatorischer Fotostopp: Die Transamerican Pyramid, der mit 260 Metern höchste und auffälligste Wolkenkratzer, den jeder Filmfreak von zahlreichen spektakulären Kameraüberflügen aus unzähligen Hollywood-Blockbustern kennt.
Nachdem wir eine Zeit lang durch die Welt der Yuppies gezogen sind, suchen wir uns erstmal was zum Mittagessen, da es heute morgen ja nicht allzuviel gab. In der "Crocker Galleria" werden wir fündig und sind nach einem annehmbaren Asia-Imbiss schnell wieder unterwegs. Mit dem Bus geht's von Downtown ins Hippie-Viertel Haight-Ashbury.
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Alcatraz am nebligen Morgen... |
Im Bus machen wir Bekanntschaft mit einem stark angetrunkenen Penner, der im Gegensatz zu seinen deutschen Kollegen äußerst höflich ist und uns gleich in ein Gespräch verwickelt, welches aufgrund seines Zustandes doch eher einseitig verläuft. Er hat natürlich schnell raus, dass wir von "Germany" sind und fängt gleich mit einem "berühmten Festival" an. Da ich die Vorliebe der Amis für's Oktoberfest noch nicht verinnerlicht habe, beginne ich sofort von "Rock am Ring" zu erzählen, dem meiner Meinung nach größten Festival in Deutschland. Aber ihm geht's - wie fast allen Amerikanern - um die Wies'n und er ist sichtlich begeistert, als ich endlich merke, worauf er hinauswill. Er beginnt vom Festzelt zu erzählen, den riesigen Bierkrügen, den Münchner Frauen und obwohl seine amerikanischen Sitznachbarn ziemlich angewidert sind, bedanken wir uns, als wir an unserem Ziel ankommen, für das nette Gespräch. Ich glaube, wenn die deutschen Betrunkenen ähnlich höflich wären, hätte ich wesentlich weniger Probleme mit ihnen ;-)
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Die Transamerican Pyramid... |
Haight-Ashbury macht seinem Ruf als Hippie-Viertel alle Ehre. Überall sind die entsprechenden Friedens-Symbole auf die Häuserwände gesprüht, Blumen-verzierte VW-Busse fahren durch die von allerlei seltsamen Gestalten bevölkerten Straßen. So richtig wohl fühlen wir uns hier nicht, auch der Abstecher in den angrenzenden Golden Gate Park, einen der größten innerstädtischen Parks der Welt (mit 4,1 km² sogar größer als der Central Park in New York), fällt nicht so wirklich befriedigend aus. Unter Brücken stehen zwielichte Typen mit Pitbulls herum, in den Hecken liegen Penner, seltsame Punks stehen in diversen dunklen Ecken...so ganz geheuer ist uns das Szenario nicht, weswegen wir wenig später wieder den nächstbesten Bus Richtung Downtown nehmen.
Während der Busfahrt bemerken wir, dass die Wolkendecke über San Francisco endlich aufreißt und alles sieht gleich viel freundlicher aus. Mit einem mal beginnen in der wohl europäischsten Großstadt der US-Westküste die Autos wieder zu glänzen. Unsere leicht gedämpfte Laune nach dem Hippie-Viertel-Fehlschlag bessert sich mit jedem Fahrtmeter.
Endlich kommt die Sonne raus, wenn's auch nicht mehr Morgen ist...
Die Oakland Bay Bridge mit den Hafenkränen von Oakland im Hintergrund...
Und noch eine kleine Montage mit sichtbaren Nahtstellen: Oakland Bay Bridge und Downtown San Francisco...
Die Sicht auf den Coit-Tower vom Ferry Building aus...
Am Ferry Building, das offizielle Terminal für sämtliche Fähren, die die San Francisco Bay durchqueren, welches mittlerweile schon 110 Jahre auf dem Buckel hat und alle großen Erdbeben seitdem nahezu unbeschadet überstanden hat, steigen wir schließlich aus und gehen an der nun herrlich blau leuchtenden Bucht Richtung Fisherman's Wharf. Als wir - dort angekommen - die Golden Gate frei von sämtlichen Nebelschwaden erblicken, machen wir uns schleunigst auf den Weg zurück zum Hotel. Nach einem halben Marathon kommen wir endlich am Ramada Inn an und springen sofort in unseren Dodge Nitro.
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Die Golden Gate Bridge... |
Los geht's zum ohne Frage berühmtesten Wahrzeichen der Stadt. Da die Lombard Street übergangslos zum Highway 101 wird, müssen wir nicht mal abbiegen und starten keine 5 Minuten später die Überquerung des gigantischen Bauwerks. San Francisco leuchtet im Sonnenlicht, der Ozean glitzert majestätisch im Sonnenlicht und die rote Brücke erstrahlt in vollem Glanz. Es wird wieder Zeit für Mr. Scott McKenzie, der diesen einmaligen Moment einmal mehr passend untermalt.
Schön sichtbar: Der nie endende Kampf der Golden Gate gegen die Nebelschwaden vom Pazifik...
...während San Francisco im Licht der langsam untergehenden Sonne leuchtet...
Am ersten Aussichtspunkt auf der linken Seite, welcher übrigens ein beliebtes Ziel für den "Grand Theft Auto", also den schweren Autodiebstahl, ist, legen wir unseren ersten Fotostopp ein. Der ungeheure Wind vom Pazifik bläst mir fast mein Stativ um und die Rockermatte fliegt fast wie bei einem Rock-Konzert...und hier ganz ohne entsprechende Nacken-Aktivität ;-)
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Blick auf "The City" by the Bay... |
Anyway, ich hab nur eins im Kopf und zwar Willy's Bank.
Als ich die Lektüre damals irgendwann während eines langweiligen Telefondienst-Nachmittages meines Zivildienstes beendete, standen mir die Tränen in den Augen angesichts der genialen Symbiose zwischen Wort und Bild. Der "Showdown" des besagten Reiseberichts hat sich bei mir zusammen mit dem entsprechenden Bild gleich neben meinen geliebten "Matrix"-Slow-Mo-Shoout-outs und den "Herr der Ringe"-Schlachten eingebrannt und dementsprechend stark ist der Wunsch, auch einmal auf dieser Bank zu sitzen.
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Der Weg zu "Willy's" Bank |
Ich weiß nur sehr grob, wo sie sich befindet und es beginnt erstmal eine nervenzehrende Suche. Von der 101 an der ersten Sausalito-Abfahrt raus und dann nach links durch den Tunnel. Von nun an fahren wir mehr oder weniger nach Gefühl, durch einen kleinen Barracken-Ort, dann vorbei an alten Raketenabwehr-Geländen und wenig später sind wir am Pazifik. Da wollen wir jetzt nicht hin, also wieder drehen und weiter suchen. Vor der Barracken-Siedlung biegen wir rechts ab und kommen endlich auf den Berg, der sich gleich neben der Golden Gate empor hebt. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit. Wir biegen schließlich noch einmal rechts ab und stehen wenig später an dem Punkt. Der mörderische Wind, den man hier fast gar nicht spürt, treibt schon wieder gigantische Nebel-Wände in die Bucht. San Francisco leuchtet immer noch im Licht der langsam untergehenden Sonne, dass Wasser in der Bay glitzert und auf der Golden Gate bewegen sich Auto-Kolonnen gemächlich über die 2,7 km lange Hängebrücke.
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"Hey Willy, hab sie gefunden!" |
All das interessiert mich jetzt gar nicht. Vor mir steht nur diese unscheinbare Bank und ich gehe andächtig auf das unspektakuläre Stück Holz zu. Wie schon so oft in diesem Urlaub steht die Zeit still, keine Ahnung was meine Kumpels hinter mir denken, wie ich um die Bank herumschleiche und schließlich auf ihr Platz nehme. Ich schließe die Augen für einen Moment, dann öffne ich sie und der Anblick schnürt mir fast (schon wieder ;-)) die Luft ab. Eine Aussicht, so majestätisch und gigantisch, dass sie einem die Tränen in die Augen treibt.....die große rote Brücke mit der weißen Stadt im Hintergrund, die leuchtend blaue Bucht, die Millionenmetropole Oakland und dahinter die hügeligen Vorboten der Sierra Nevada....eine Weite, die alles einmal mehr alles wegrockt und eine Szenerie, die nicht nur durch die Schönheit der Natur, sondern auch durch vom Menschen Erschaffenes begeistert. Eine ähnlich geniale Symbiose wie in Willy's Reisebericht, wo er mit schön sentimentalen Unterton und dem passenden Bild auch die Tränendrüsen des härtesten Kerls in Aktion versetzt.
Nach einigen Minuten stehe ich auf, klopfe nochmal auf das kalte Holz und flüstere zur Bank "He'll be back!", dann noch einmal den Blick genießen und wieder zurück ins Auto.
Wir fahren anschließend noch zum von dutzenden Fotos bekannten Aussichtspunkt auf dem an die Brücke grenzenden Hügel.
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Kameramänner leben angesichts der starken Pazifikwinde gefährlich... |
Hier ist es vorbei mit der Windstille und wir werden mit der vollen Breitseite erfasst, was uns schließlich dazu veranlasst, einige besonders dämliche Fotoexperimente zu starten. Wir versuchen uns gegenseitig im Sprung mit den bescheuertsten Grimassen zu fotografieren, machen Kung-Fu-Aufnahmen und hören erst auf, als eine mexikanische Reisegruppe den Kontrast-Moment zur Bank-Melancholie stört.
Dann ist der Moment gekommen sich langsam wieder von dem monumentalen Bauwerk vor der unvergleichlichen Kulisse zu verabschieden, der Nebel nimmt sie wieder mehr und mehr unter Beschlag. Obwohl wir noch ein paar Tage haben, rückt unser Abschied vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer näher und ich muss wieder daran denken, wie der gute Willy hier seinen Abschied von seiner Lieblingsstadt zelebriert hat. Auch ich verabschiede mich von der schönen Roten, - so Gott will - sicher nicht zum letzten Mal.
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Von Westcoast Gangster bis hin zu Vampirangriff: Keine Macht den Drogen... |
Im Dodge geht's anschließend nach Sausalito, wo wir zum Abendessen aber außer hochpreisigen Fisch-Restaurants nix passendes finden. Der Vorschlag James Hetfield's Haus zu suchen, wird vom Housemeister strikt abgelehnt, aber da Metallica zur Zeit in Deutschland unterwegs sind, wäre das auch nur halb so interessant.
Von Westcoast Gangster bis hin zu Vampirangriff: Keine Macht den Drogen...Daher machen wir uns auf den Weg zurück nach San Francisco. Die Nord-Süd-Fahrt über die Golden Gate kostet im Gegensatz zur anderen Fahrtrichtung 6 Dollar, die wir aber gern für das prägende Ereignis bezahlen. Auf dem Weg zum Hotel machen wir Halt bei "Denny's" und dinieren bei der Pfannkuchen- und Omlett-Kette überraschend gut. Der Kellner versorgt uns am laufenden Band mit Coke-Re-Fills.....ich bin begeistert und der freundliche Mexikaner bekommt als Dank ein extragroßes Trinkgeld.
Nach den Gaumenfreuden stellen wir allerdings fest, dass alle Parkplätze in der sehr eingeschränkten Tiefgarage unseres Hotels belegt sind, wodurch wir auf ein kostspieliges Parkhaus auf der anderen Straßenseite ausweichen müssen. Zurück im Hotel schließen wir den Abend mit dem Betrachten unseres verrückten Golden-Gate-Shootings und zu den Klängen des frisch zum Antesten zur Verfügung gestellten neuen "Metallica"-Tracks "The Judas Kiss" schlafe ich zufrieden im Hippie-Paradies ein...
Tag 11 - - Reiseroute - - Tag 13
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